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Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde

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Beitrag von Ósk So Mai 29 2011, 22:23

Íslenski Hestarnir - Faszination Islandpferd – sind sie wirklich so anders? - eine Geschichte der Isireiterei

Das Islandpferd fasziniert tausende Menschen, man träumt von schnellem Tölt, von rasendem Rennpass über die atemberaubende Landschaft Islands. Nur, wie weit ist der Weg dahin? Muss man Isis wirklich anders Reiten?
Diese Frage und noch viele andere beschäftigt viele Menschen ausserhalb des Ursprungslands seit einem halben Jahrhundert.

Die kleinen Pferde von der Insel aus Feuer und Eis waren lange Zeit die einzige Möglichkeit zur Fortbewegung für die Inselbewohner. Seit der Zeit der Landnahme in der die Wikinger ihre Pferde mitbrachten hat sich ein trittsicheres, robustes und arbeitswilliges Pferd entwickelt. Durch das Reinheitsgesetz aus dem Jahr 930 wurden quasi keine anderen Rassen eingekreuzt. Das Gesetz besagt, dass keine Pferde, welche die Insel verlassen haben zurück kehren dürfen, und keine anderen Pferde hergebracht werden dürfen. Es wurde zwar einige Male gebrochen, z.B. wurden im immer mal wieder Pferde anderer Rassen gebracht, vor allem aus Norwegen und von den Hebriden. Gebracht. Einige historische Quellen besagen auch die Einfuhr von Araberhengsten, sie selbst und die allermeisten der Nachkommen überlebten allerdings den harten Winter nicht. Durch die 1000jährige Fast-Reinheit haben sich die lateralen Gangveranlagungen bewahrt, die ursprünglich in fast allen europäischen Pferderassen angelegt waren. Irgendwann wurde Reiten jedoch unmodern, da das Kutschefahren immer populärer wurde und nach und nach verschwanden die bequemen Reitpferde mit Tölt. Mit ein Grund dafür war wohl das Militär, da der Tölt dort nicht erwünscht war.
Auf Island jedoch war ein bequemes Reisepferd für die Erschliessung der Insel unerlässlich.
Ein bekannter isländischer Pferdetrainer hat mal gesagt: „Wir Isländer haben über die Jahrhunderte auf das Fünfgangpferd aufgepasst, bis es auf dem Kontinent wieder gefragt war.“
Als jedoch dass Auto nach Island kam, geriet die Pferdezucht in Gefahr, da die Pferde ihre wichtige Rolle als Arbeits- und Transportmittel auf der unwegsamen Insel verloren. Durch Liebhaber und das Aufkommen der Sportreiterei wurde die Zucht jedoch gerettet. Zudem sind einige Arbeiten in sehr unwegsamem Gelände bis heute nur mithilfe von Pferden auszuführen.

Vor etwa 50 Jahren begann dann auch der Export auf den Kontinent, ein neuer Wirtschaftszweig. Dort, wo man praktisch keine Erfahrung mit Gangpferden hatte, entwickelte sich eine ganz eigene Szene. Dass dabei auch Fehler passierten ist selbstverstaendlich. Auf Island gibt es so gut wie keine traditionelle Reitweise, jeder setzte sich aufs Pferd und los. In den Filmen von Nonni und Manni kann man das sehr gut sehen, teilweise sind die Pferde zu bedauern. Auf dem Kontinent wurde der teilweise doch recht rabiate Reitstil übernommen, zum Leidwesen der Pferde.
Es setzte sich damals die Meinung durch, dass Islandpferde ANDERS seien und vorallendingen robust, ergo könne man sie quasi überall halten, auch unter schlechtesten Bedingungen mit wenig Futter und jeder könne sie reiten.
Teilweise haben sich die Ansichten bis heute gehalten, erst langsam beginnt die Szene umzudenken.

Doch das Islandpferd brachte nicht nur schlechtes mit auf den Kontinent, erst durch sie gewann die Offenstallhaltung und Freizeitreiterei einen Aufschwung, die Gründerin der Pony-Post (später Freizeit im Sattel) und des FS-Reitzzentrums Reken machte die Isis ind Deutschland als nettes Freizeitpferdchen bekannt.

Wie bereits erwähnt, hatte man mit den zusätzlichen Gängen des Islandpferds auf dem Kontinent eher keine Erfahrung, bzw. diese war verloren gegangen. Da sich jedermann eher schlecht als recht aufs Pferd gesetzt hat und losTÖLTEN wollte ist dabei natürlich vieles schief gegangen. Als die ersten Prüfungen für Islandpferde ausgeschrieben wurden, wurde sogar teilweise verspannter Renntrab als starker Tölt anerkannt. Selbst auf Island war der Tölt lange ein Rätsel. Sleipnir, das Pferd Óðinns, hat nur deshalb so viele Beine, weil die Beine eines töltenden Pferdes so durcheinander wuseln.
Um ein Pferd zu tölten kann man verschiedene Wege gehen. Der eine Weg führt über extreme Verspannung mit weggedrücktem Rücken & Co., der andere über die Versammlung.

Tölt ist eine Viertaktige Gangart ohne Schwebephase. Dadurch sitzt der Reiter sehr bequem, ohne geworfen zu werden. Er stellt an den Reiter jedoch besondere Ansprüche. Bei einem Dreigänger ist es einfach. Wenn man es auf Minimum reduziert muss man nur ein bisschen treiben, dann ist der Trab da, treibt man weiter, kommt Galopp. Beim Gangpferd liegt dazwischen irgentwo noch der Tölt. Ihn richtig herauszureiten ist schwierig, vor allendingen gibt es ja auch noch den Trab.
Somit ist ein korrektes Töltreiten enorm schwierig.
Der normale Weg führt über vernünftige Gymnastizierung und Aufbau der Rückenmuskulatur. Ein gut bemuskeltes Pferd, welches ohne Schaden einen Reiter tragen kann, ist ebenso in der Lage ordentlich zu tölten. Die Kopf-/ Halshaltung ist immer wieder eine Streitfrage. Sicher ist, dass die Unterhalsmuskulatur auf keinen Fall vorherrschen sollte. Ein Pferd mit den anatomischen Gegebenheiten ist durchaus in der Lage, bis ins Arbeitstempo mit der Nasenlinie an der Senkrechte zu tölten. Je höher das Tempo, desto gestreckter muss auch die Haltung werden.
Hinzu kommt noch die individuelle Veranlagung. Ein Pferd mit viel Töltanlage lässt sich auch leichter vorwärts/abwärts tölten, ein Pferd mit weniger Töltveranlagung braucht evtl. mehr Versammlung.
Die rassetypische Aufrichtung spielt mit Sicherheit auch eine Rolle. Ein Paso töltet mit niedrigerer Aufrichtung als ein Isländer, dies lässt sich am besten im Freilauf begutachten.

Wie so oft wird im Sport der schnellere Weg des Tölttrainings gewählt. Das dies nicht immer der Pferdeschondendere ist, dürfte eigentlich klar sein. Unter dem Deckmantel dass Islandpferde ANDERS seien und sich nicht gut gymnastizieren lassen. Mit Ballenboots, Scalpern, und Ringen wird das Gangverhalten indirekt manipuliert. Durch das Gewicht wird das Aufsetzen des Hufs verzögert. Als kurzzeitige Trainingshilfe mag dies sinnvoll sein, aber wie bei Hilfszügeln sollte man nicht von Krücken abhängig werden. Langsam wacht jedoch auch der Islandpferdesport auf um sich in Sachen pferdegerechtes Reiten weiterzuentwickeln. Die Zeiten, als man sich im Gangpferdesattel als Heiliger wähnte, der ein Monopol auf pferdefreundlicher Reiterei hatte, sind zum Glück vorbei.
Leider sind noch viele Relikte aus alten Zeiten vorhanden. Viele Isisättel haben heute noch den Schwerpunkt zu weit hinten, viele Reiter verschnallen ihre Reithalfter immer noch zu tief und und und...

Um zu einem Schluss zu kommen, ja, Islandpferde sind etwas anders zu Reiten als “normale” Pferde, aber es sind immer noch Pferde. Die erweiterte Gangschaltung ist eine enorme Bereicherung, kann aber euch zu Problemen führen. Trotzdem kann auch ein Isi Lektionen bis zur hohen Schule lernen. Wie bei jedem Gangpferd ist aber der erste Punkt der Ausbildungsskala enorm wichtig und schwierig, wobei er sich meist erst aus dem Zweiten ergibt. Aber grade diese Herausforderung, diesen Gangsalat zu meistern und die vier Beine zu sortieren macht einen Grossteil der Faszination Islandpferd aus. Sicher muss sich insbesondere auf dem Gebiet des Turniersports noch viel ändern, aber auch ein langsames Umdenken ist ein Umdenken. Bei allen Misständen sollte man den Spass an der Sache nicht verlieren und einfach mit gutem Beispiel vorangehen. Solange Leute wie Anky van Grunsven Goldmedallien gewinnen kann sich keine Reitsportturnierdisziplin als generell sauber und pferdefreundlich bezeichnen. Bei allem Unterscheiden der Disziplinen, darf man nicht vergessen, dass wir alle auf denselben Tieren sitzen und alle eigentlich dasselbe Ziel haben: Das Wohl der Pferde!

Isi im Freilauf im Tölt mit natürlicher Aufrichtung:
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde X5ed1v
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 2yl0aw8

Tölt geritten, langsames Tempo:
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 2edcsv8
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 29kquzb

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Beitrag von Ósk Mi Jun 01 2011, 19:48

Hier möchte ich euch nun noch ein paar Dressurfotos aus der Arbeit mit meiner RB zeigen. Wir waren auf einem guten Weg...den wir jetzt leider aufgrund einer Verletzung abbrechen müssen...Schöne Töltfotos hab ich leider nicht machen können - wir hätten bald mit wieder mit Tölt angefangen, jetzt muss ich andere Fotografieren.

Das Pferd auf dem Foto ist ein ehemaliges Sportpferd. Sie ist Rennpasserin und war in höheren Sportklassen unterwegs, leider nicht immer in einer pferdefreundlichen Reitweise. Der weg zu solchen Bildern war steinig:

Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 2yn41p5
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 3518eie
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 2ywhfeh

Ein grosses Problem in der Isireiterei ist es, das zu viel auf Tempo und nicht auf Präzision geritten wird. Viele Pferde kennen nur die Vorwärtstreibenden Hilfen und die Hand als Bremse. Bei lange so gerittenen Pferden ist das hier schon ein enormer Fortschritt:
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 2wrkvg1

Diese Pferde müssen erst wieder neu lernen die Oberhalsmuskulatur zum Tragen des Kopfes zu benutzen und reell die Hilfen anzunehmen. Im Trab sieht man auch auf Turnieren viel Isis, die mit der Nasenlinie an der Senkrechten gehen. Leider sieht das meistens nur auf den ersten Blick gut aus. Viele Pferde knicken einfach nur im Hals ab ohne den Rücken mitzunehmen und drücken trotzdem immer noch den Unterhals heraus. Das wieder wegzuarbeiten ist sehr anspruchsvoll. Sehr viele Sportisis verbinden das Zügelaufnehmen sofort mit verspanntem Lostölten.

Nun gibt es noch ein Freilaufbild:
Artikel des Monats Juni 2011: Islandpferde 5as7xz
Dieses Pferdchen wurde so ziemlich von Anfang an korrekt gearbeitet.

Mehr Bilder kommen noch!

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